Ziele von ProvideQ
Quantenalgorithmen haben das Potential, die Leistung von Lösungsverfahren für praktisch relevante kombinatorische Optimierungsproblemen massiv zu steigern. Allerdings können die wenigsten Unternehmen Quantentechnologien selbst beherrschen. Daraus ergibt sich der Ansatz von ProvideQ: Statt mit Endanwendern zu arbeiten, kooperieren wir mit führenden Dienstleistern, die fortgeschrittene algorithmische Methoden für die Industrie verfügbar machen. Hier getätigte Entwicklungen erzielen somit eine wirtschaftliche Multiplikatorwirkung. Um deutsche Anbieter algorithmischer Dienstleistungen für das Quantenzeitalter bereit zu machen, setzen wir auf zwei Ebenen an. (1) Wir werden die bestehenden Modellierungssysteme zweier Dienstleister um eine Quantentoolbox erweitern. So kann eine breite Gruppe von Anwendern ihre Probleme in einer domänenspezifischen Sprache beschreiben, für die dann quantenmechanische und hybride Lösungsstrategien gefunden werden. (2) In ausgewählten Bereichen der ganzzahligen und konvexen Optimierung, sowie für Optimierungsprobleme unter Unsicherheit werden wir bislang nur theoretisch beschriebene Ansätze praxistauglich machen und neue Algorithmen entwickeln. Dabei werden wir von Anwendungsfällen und Beispieldaten der Projektpartner*innen geleitet und die Ergebnisse frei zugänglich machen. Das Konsortium besteht aus weltweit führenden Dienstleistern, sowie Expert*innen im Software und Algorithm Engineering, Optimierungstheorie und Quanteninformation.
Digitalisierung ist der Treiber für innovative Wertschöpfungsketten in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen und erschließt Effizienz, sowie Wertschöpfungspotenziale. Quantencomputing (QC) ist die nächste Stufe der Digitalisierung und birgt enormes wirtschaftliches Potential. Das Projekt ProvideQ zielt darauf ab, QC-Technologien für die deutsche Wirtschaft einfach und effizient nutzbar zu machen. Damit soll Deutschlands Platz an der Weltspitze bei der Nutzung neuester Informations- und Kommunikationstechnologien sichergestellt werden. ProvideQ zeigt technologische Machbarkeit und wirtschaftliche Umsetzbarkeit und Nutzbarkeit von neuen, innovativen QCTechnologien und deren Anwendungen. Damit trägt das Projekt zur Etablierung und Verbreitung von Geschäftsmo-dellinnovationen und Ökosystemen im Bereich der Quantentechnologie bei.
Ein zentraler Aspekt für die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft (und damit auch eines der wichtigsten Nutzenversprechen des Quantencomputing) ist die Optimierung von Rohstoffeinsatz und Produktionsabläufen. Die Komplexität praktisch auftretender, hoch relevanter Optimierungsprobleme bringt dabei selbst klassische Hochleistungsrechner schnell an ihre Grenzen. Dieser Flaschenhals stellt ein fundamentales Hindernis in der effizienten Ressourcennutzung dar, insbesondere für zahlreiche Probleme der Logistik. Gleichzeitig gibt es ganze Bibliotheken von spezialisierten Algorithmen, die, wenn richtig eingesetzt, massive Effizienzgewinne erzielen können. Industrielle Nutzer stehen nun vor der Herausforderung, dass sie zwar die Optimierungsprobleme ihrer Betriebsabläufe im Detail verstehen, die hochgradig komplexe Landschaft von spezialisierten Algorithmen aber nicht in ihre Kernkompetenz fällt. Folgerichtig ist ein Ökosystem von Dienstleistern und Softwarepaketen zur mathematischen Modellierungentstanden. Eingabe ist die Beschreibung eines Optimierungsproblems in einem standardisierten Format. Anschließend wird eine Lösungsstrategie erarbeitet, welche die Eingabe entsprechend umformuliert und an ein Optimierungs-Backend weiterleitet. Auf diese Art haben Unternehmen Zugriff auf moderne algorithmischen Methoden. Wenn umgekehrt eine neue Klasse von Lösungsansätzen Eingang in weitverbreitete Modellierungssysteme findet, dann erlangen große Bereiche der Industrie direkt Zugriff auf diese Möglichkeiten, ohne dass es nötig wäre, spezialisierte Expertise in jedem Betrieb aufzubauen. Diese Systeme haben daher eine Multiplikatorfunktion: Investitionen in diesem Bereich vervielfachen ihre Wirkung. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden nur auf diesem Weg realistisch zeitnah das Potential dieser neuen Technologie nutzen können.
Das übergeordnete Ziel des beantragten Projekts ProvideQ ist es, diese Perspektiven auch für quantenalgorithmische Methoden zu erschließen, indem wir quantenalgorithmische Methoden in führende Modellierungssysteme integrieren und damit breit zugänglich machen. Das Ziel von ProvideQ ist daher “Enabling the enablers”.
Dahinter steht auch die Einsicht, dass Quantencomputer keine Universallösung für wirtschaftlich kritische Optimierungsprobleme liefern werden. Vielmehr werden durch die Verbindung der Stärken von Quantencomputern (z.B. schnelleres Herausfiltern guter Lösungen) und klassischer Rechner (z.B. höherer Grad an interaktiven Entscheidungen) in hybriden Architekturen noch komplexere Systeme entstehen. Deren Beherrschung wird ein hohes Maß an Integration auf mehreren Ebenen erfordern:
Zielführende praktische Nutzung der jeweiligen Stärken erfordert die reibungsfreie Integration von Quantencomputern mit klassischen Rechnern in hybriden Architekturen.
Leistungsfähige Lösungsverfahren erfordern die Integration unterschiedlicher (quanten-)algorithmischer und mathematischer Werkzeuge.
Praktischer Einsatz durch Nutzer mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten erfordert die Integration in einer gut handhabbaren Softwareumgebung. Diese soll weder den Blick auf technische Bausteine verstellen, noch ihn zwingend erforderlich machen.
Die Entwicklung und Beherrschung von optimierten Gesamtsystemen erfordern die enge Zusammenarbeit anerkannter Expert*innen aus industrieller Optimierung, mathematischer Modellierung, Algorithmik, Quanteninformatik und softwaretechnischer Integration.
Daher zielt ProvideQ auf die Entwicklung der ProvideQ Toolbox, einem kohärenten Rahmenwerk, das die Problemlösung durch eine nahtlose Systemintegration von hybriden Quantenrechnern ermöglichen wird. Entsprechend ist das wirtschaftliche Projektziel nicht nur die eine oder andere Einzellösung zur Bearbeitung anspruchsvoller Optimierungsprobleme, sondern vor allem die Entwicklung eines integrierten, leistungsfähigen Systems für Quantensoftware. Dies entspricht dem zentralen Prinzip der modernen digitalen Wertschöpfung, das nicht auf der Produktion einzelner Waren beruht, sondern auf der Ermöglichung von Effizienzgewinnen durch leistungsfähige universelle Werkzeuge.